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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Theil 4 - S. 291

1880 - Stuttgart : Heitz
Sklavenfrage. 291 gesprochen. „Die Sklaverei — heißt es daselbst — ist eine heimische Institution innerhalb der Staaten, die sie wünschen und sie existirt im Bereich der Staaten unabhängig von der Controle des Con-gresses. Der Congreß hat die oberste gesetzgebende Gewalt über alle Territorien und mag nach Gutbefinden die Existenz der Sklaverei in denselben erlauben oder verbieten; aber er soll aus Klugheit seine Macht nie so anwenden, daß direct oder indirect die Sklaverei in bisher freien Territorien eingeführt werde. Es ist endlich verwerflich, daß die Regierung der Vereinigten Staaten sich südliche Länderstriche aneignet, zu dem Zwecke, die Sklaverei in denselben fortzupflanzen." So vernünftig diese Grundsätze waren, so sehr empörte sich die Leidenschaft der Südstaaten, welche die Squatter-Souveräuetät zum Staatsgrundgesetz erhoben und den Präsidenten der Republik zum Zuchtmeister der südlichen Sklavenhalter herabgewürdigt wissen wollten. Kaum war der Ausfall der Wahl bekannt, als der Süden sofort den Entschluß der Trennung (Secession) aussprach und zugleich Anstalten traf, um die Ausführung dieses Entschlusses zu sichern, wobei ihm die an Verrätherei streifende Konnivenz der Bundesbehörde Vorschub leistete. Am entschlossensten zeigte sich Süd-Carolina, welches bereits am 20. December 1860 sich für die Trennung (Secession) aussprach. Bald folgten'die Staaten: Georgien, Florida, Alabama und Mississippi und constitnirten sich am 18. Febr. 1861 in Mongomery als eine Consöderation, zu deren Präsidenten der frühere Kriegsminister Jefferfon Davis gewählt wurde. Zum wirklichen Ausbruch des Bürgerkrieges aber kam es erst, als der General der (Konföderation, B aure-9arb, sich des von Unionstruppen besetzten Forts Sumter bemächtigte. Wir können diesen Krieg, der seines Gleichen nicht gehabt hat, nicht in seinen Einzelheiten verfolgen. Er wurde geführt mit aller jener Erbitterung, welche Bürgerkriegen eigen zu fein pflegt; das Charakteristische desselben aber bestand darin, daß er sich über unermeßliche Landstrecken ausdehnte und einen Staat betraf, welcher nur über eine nnverhältnißmäßig kleine Anzahl stehender Truppen verfügte. Die Union, um aus dem Kampfe siegreich hervorzugehen, mußte nicht blos Heere und Feldherren gewissermaßen im-provisiren, sie mußte sich auch Wege bahnen, um ihren Gegnern nahe kommen zu können, und der staunenswerthe Erfindungs- und Unternehmungsgeist der Amerikaner zeigte sich eben so wunderbar

2. Theil 4 - S. 64

1880 - Stuttgart : Heitz
64 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich. Seite, bewog die erschrockenen Direktoren abzudanken, und ließ sich von seinen Anhängern in den beiden Räthen zum Befehlshaber der bewaffneten Macht ernennen. Viele in den beiden Räthen aber erkannten, daß er durch Hülfe der Soldaten eine neue Herrschaft einführen wollte, und beschlossen, sich zu widersetzen. Als Bonaparte am 10. November 1799 in St. Cloud, wohin die beiden Räthe, um, wie es hieß, unabhängiger zu sein, verlegt waren, mit einigen Grenadieren in den Rath der Fünfhundert eintrat, entstand ein verwirrtes Geschrei: „Außer dem Gesetz! Nieder mit dem Dictator!" Verwirrt durch das Geschrei, blieb er in seiner Rede stecken und verließ voll Bestürzung mit Hülfe der Grenadiere den Saal. Man wollte ihn jetzt in die Acht erklären; da verließ fein Bruder Lucian den Präsidentensitz, um ihn vor den Schranken zu vertheidigen. Napoleon, welcher in der Nähe geblieben war, fürchtete für seinen Bruder und schickte zehn Grenadiere ab, um ihn aus dem Saale zu führen. Der entscheidende Augenblick war gekommen. Mitrat, früherhiu Koch, jetzt General, Bonaparte's Schwager und späterhin König von Neapel, stürmte mit den Grenadieren auf Bonaparte's Befehl in den Saal und zwang durch die Bajonnete alle Mitglieder, sich aus Thüren und Fenstern zu retten. Nun wurde eine neue Verfassung, die vierte seit 10 Jahren, eingeführt. Es wurden dreiconsuln ernannt; Bonaparte wurde der erste von ihnen, und zwar auf 10 Jahre; die beiden andern waren Sieyes und Roger Dncos, die aber bald durch Camba-cerös und Lebruu ersetzt wurden. Ein Erhaltungssenat aus 80 Mitgliedern sollte über die Rechte und Freiheiten des Volks wachen, ein Tribunat, welches Bonaparte aber nachmals abschaffte, über die vorgeschlagenen Gesetze berathschlagen und ein gesetzgebendes Corps aus 300 Mitgliedern die Gesetze bestätigen. Nun machte der thätige und unternehmende Bonaparte schnell Anstalten, im neuen Jahre 1800 die Verbündeten mit besserm Erfolge anzugreifen, als im vorigen Jahre geschehen war. Er sammelte ein Heer aus den besten Leuten, die er finden konnte, und zog damit im Mai durch die Schweiz nach den höchsten Alpen zu. Er selbst ging über den großen Bernhard, wo bis dahin nur einzelne Wanderer mühsam gereist waren. Mit ungeheuerer Anstrengung schleppte man hier die Kanonen und Lastwagen hinauf; viele Pferde gingen darüber zu Grunde, und nur dadurch, daß sich die Soldaten selbst anspannten und die Kanonenröhre in Baum-

3. Theil 4 - S. 290

1880 - Stuttgart : Heitz
290 Neueste Geschichte. 3. Periode. Ordnung und Kraft gesicherten Staates emporblühen könne. Und so wurde von allen jenen Projecten nur eine Eisenbahn über die Landenge von Panama 1855 vollendet. Während so, wie wir sahen, Nordamerika nach Außen hin an Macht, Ausdehnung und Bedeutung wuchs, führten die innern Verhältnisse der Vereinigten Staaten-Republik zu einer Krise, welche einen Zerfall dieses großen Staatswesens befürchten ließen. Es bestand zwischen den nördlichen und den südlichen Staaten der Union ein Gegensatz, welcher zu einer immer bedenklicher werdenden Spannung sich ausbildete. Im Süden bildete das Bestehen der Sklaverei die Grundlage der gesellschaftlichen Zustände; diejenigen des Nordens ruhten auf dem Princip der freien Arbeit. Hier nahm die herrschende Partei die Bezeichnung „Republikaner" an, während die Bewohner des Südens sich „Demokraten" nannten. Nachdem die Partei der Sklavenhalter mit der Wahl Bnchanan's zum Präsidenten (4. Nov. 1856) einen letzten großen Sieg erfochten hatte, rief sie durch die brutale Art, wie sie denselben ausbeutete, eine allgemeine Reaction hervor und die Erbitterung zwischen Norden und Süden erreichte eine solche Höhe, daß eine Aussöhnung nicht mehr möglich war. Noch einmal rafften die Parteien alle ihre Kräfte zusammen bei der neuen Präsidentenwahl und die Partei der Republikaner setzte ihren (Kandidaten Abraham Lincoln*) durch. Die Partei, deren Candidat Lincoln war, hatte sich erst in den letzten Jahren herausgebildet und ihre Grundsätze waren in dem von dem neuen Präsidenten verkündeten Programm klar aus- *) Abraham Lincoln wurde am 12. Febr. 1809 in der Grafschaft Hartem, Kentucky, geboren; sein Vater starb früh und hinterließ die Seinigen in bitterster Armuth, so daß Abraham wenig oder gar keine Erziehung genoß. Er hat sein ganzes Leben lang etwa 6—8 Monate hindurch Schulunterricht genossen und war der Reihe nach Feldarbeiter, Holzhauer und Ruderknecht auf dem Missisippi. Im Jahr 1830 finden wir ihn im Staate Illinois, wo er sich als Tagelöhner seinen Lebensunterhalt verdiente. Später machte er als Freiwilliger den Krieg gegen die Indianer von Florida mit und zeichnete sich so sehr aus, daß er zum Capitain befördert wurde. Im Jahr 1832 trat er zum ersten Male als Canditat für die Legislatur des Staates auf, fiel aber mit seiner Bewerbung durch. Erst ein Jahr später ward er gewählt. Er widmete sich jetzt dem Studium des Rechts, wurde in kurzer Zeit Advocat und prakticirte mit großem Erfolg. Von 1846—49 saß er als Mitglied des Kongresses; von da ab lebte er wieder ausschließlich seiner Profession; im Jahr 1856 aber stand sein Name an der Spitze der Wähler von Illinois, welche in Opposition gegen Buchanan für Fremont stimmten.

4. Theil 4 - S. 292

1880 - Stuttgart : Heitz
292 Neueste Geschichte. 3. Periode. in seiner Anwendung auf die Zerstörungsarbeiten des Krieges, als er sich bisher in Werken des Friedens gezeigt hatte. Im Anfange waren die Conföderirten im Vortheile, denn sie hatten bessere Führer und waren auf den Kampf vorbereitet. Der erste große Zusammenstoß am Bnlls Ruen (17. Juli 1861) brachte den Unionisten eine große Niederlage. Auch zögerte die Unionsregierung ein Jahr lang, eine Entscheidung in der Sklavenfrage zu treffen. Erst im März 1862 erklärte der Congreß, daß die Union jeden Staat unterstützen wolle, welcher die Sklaverei gegen Entschädigung freigeben wurde; und im September desselben Jahres verkündete eine Proclamation des Präsidenten, daß in allen Staaten, die bei Beginn des neuen Jahres noch in der Rebellion beharrten, die Sklaverei abgeschafft sein solle. Die Proclamation hatte damals nur einen Kriegszweck, welcher aber verfehlt ward, da eine Sklavenempörung nicht stattfand; das Jahr 1862 verging ohne Entscheidung und machte nur durch den Kampf zweier Panzerschiffe, Merrimac und Monitor, Aufsehen, denn hier zum erstenmal traten zwei solche Schiffe einander gegenüber. Im Jahre 1863 schloß sich zwar durch Aufgebot aller Kräfte Seitens der Union der eiserne Waffengürtel immer enger, in welchem man die Conföderation zu ersticken dachte, aber der Krieg dauerte fort, und da am 8. Nov. 1864 Lincoln zum zweitenmal an die Spitze der Regierung gestellt wurde, so war damit den Südstaaten die Erklärung gegeben, daß an ein Compromiß nicht zu denken sei. In der That wurde auch der Krieg des Jahres 1864 mit vermehrter Energie von Seiten der Union geführt. Die für die Sache der letztem entscheidende Wendung aber gewann er durch den kühnen Marsch des Generals Schermann, aus dem Herzen Georgiens gegen Savannah. Am 12. November war er der Welt aus den Augen verschwunden und nach einem Marsch von 300 englischen Meilen stand er am 12. December vor Savannah, um es im Fluge zu nehmen. Jetzt begann erst die Con-centrirung der großen Streitkräfte der Union (unter dem Ober-Commando des Generals Grant), durch welche der feindliche General Lee, bei Richmond stehend, erdrückt werden sollte. Am 2. April 1865 fielen Petersburg und Richmond. Wenige Tage darauf capitulirte die Armee von Virginien, und damit hatte der Bürgerkrieg ein Ende — mit den Opfern einer halben Million Menschen und unermeßlicher Werthe. Aber noch ein blutiges Nachspiel folgte der großen Tragödie — die Ermordung Lincolns. Es war am

5. Theil 4 - S. 293

1880 - Stuttgart : Heitz
Sklavenfrage. Lincoln. 293 Charfreitag. Lincoln hatte eine Einladung in Fords Theater (zu Washington) angenommen, als ihn dort, um 10 V2 Uhr, in der Prosceniumsloge die Kugel des Walter Booth ereilte. „Der Süden ist gerächt!" rief der Mörder, ein erbärmlicher Schauspieler. Lincoln starb am 15. April 1865 und der Vice-Präsident Johnson trat an seine Stelle, mit der Aufgabe, das begonnene Werk zu vollenden, d. H. die Sklavenfrage definitiv zu lösen und die Umwandlung des Staaten-Bnndes in einen Bundesstaat zu vollbringen, zugleich aber auch die Beziehungen zu Europa zu regeln, welche namentlich durch Bildung des neuen Kaiserthums Mexico in Frage gestellt waren. Mexico, das größte unter den von Spanien abgefallenen Gebieten, so reich an Hilfsquellen, daß es eines der blühendsten Länder der Erde sein könnte, verfiel wie alle ehemalige Colonien Spaniens in Anarchie und.bürgerkriege. Die Bevölkerung ertrug fast gewohnheitsmäßig diese Zustände, oder sie verwilderte in den Parteikämpfen und Aufständen. Bald nach dem Abfall von Spanien war der Versuch gemacht worden, die Monarchie in Mexico auszurichten; General Jturbide bestieg als Kaiser Augustin I. den Thron. Aber nach kurzer Regierung mußte er das Land verlassen; er erhielt ein Jahrgeld und ging nach Europa. Als er kurze Zeit daraus seine Herrschaft erneuern wollte und in Mexico landete, wurde er ergriffen und erschossen (1823). Von da an war die Verfassung Mexico's republikanisch, in der That aber nur der Schein davon, denn die Machthaber regierten mit despotischer Willkür. Unaufhörliche Revolutionen zerrütteten den Wohlstand und das Ansehen des Landes; nach dem unglücklichen Kriege mit der nordamerikanischen Union mußte Mexico die große Provinz Texas und den nördlichen Theil von Kalifornien abtreten (1848). Es hatten sich nach dieser Zeit zwei Hauptparteien gebildet: die Liberalen, welche der Staatsgewalt eine demokratische Grundlage geben wollten, und die Klerikalen, denen die Aufrechthaltung der kirchlichen Rechte und Freiheiten die Hauptsache war. Beide Parteien gelangten endlich so weit, gleichzeitig die Regierungsgewalt zu ergreifen; Benito Juarez, ein Advocat von indianischer Race, regierte als das Haupt der Liberalen in Veracruz; General Miramon, von den Elericalen und Eonservativen an die Spitze gestellt, besaß die Hauptstadt Mexico. Sein Unternehmen, den Gegner in Veracruz zu unterdrücken, schlug fehl; Miramon wurde besiegt und im Januar 1861 zog Juarez in Mexico ein. Er

6. Theil 1 - S. 82

1880 - Stuttgart : Heitz
82 Alte Geschichte. 1. Periode. Griechen. aber die neuen Gesetze gefielen nicht, weil sie so streng waren, daß man nicht darauf halten konnte; denn fast auf alle Vergehungen, selbst auf die kleinsten, war die Todesstrafe oder die Verbannung gesetzt, und hätten die Richter sie befolgen wollen, so wäre Athen bald entvölkert gewesen. Der strenge Mann hieß Drakon, und von seinen Gesetzen sagt man, sie wären mit Blut geschrieben gewesen (624). Bald nach ihm lebte ein anderer Mann, Solon, der zu den großen Geistern gehörte, die von der Vorsehung dazu bestimmt sind, noch weit über ihr Leben hinaus wohlthätig aus ihr Volk zu wirken. Auch er besaß, wie jener Lykurg in Sparta, das allgemeine Vertrauen seiner Mitbürger. Im Jahre 594 wurde er Archon in der ausgesprochenen Erwartung des Volkes, daß er nun eine neue Gesetzgebung einführen werde. Er that es und hat das Vertrauen gerechtfertigt; seine Gesetze haben lange das Glück Athens ausgemacht. Da ging es aber ihm wie so vielen nützlichen Menschen. Seine Verdienste wurden schnell vergessen, er selbst mit Undank belohnt, und erst nach seinem Tode lernte man seine Bemühungen schätzen. Von seinen Gesetzen mag hier nur Einiges stehen. Eine recht schwere Last lag damals in Athen auf der ärmeru Classe. Diese armen Leute waren meist sehr verschuldet, und ihre reichen Gläubiger benutzten das, sie auszuplündern, und machten sie zuletzt gar zu Leibeignen. Das erste, was Solon that, war daher, daß er jenen Erleichterung verschaffte. Er setzte die Schulden herunter und zwang die Gläubiger, mit.weuigerm zufrieden zu sein und die gefangen gesetzten Schuldner loszulassen. Nun hätte man glauben sollen, er wäre der Abgott der ärmeren Familien geworden. Aber keineswegs! Reiche und Arme waren mit ihm unzufrieden; er hatte es Keinem recht gemacht. Jene schrieen, daß er ihnen ihr wohlerworbenes Eigenthum schmälere, und diese meinten, warum er es nicht wre Lykurg gemacht und alle Aecker gleich eingetheilt habe? Besser gefiel den Bürgern eine zweite Einrichtung, die Volksversammlung. Wenigstens viermal im Jahre kam das Volk, das heißt alle athenischen Bürger, welche das 20. Jahr zurückgelegt hatten, auf dem Markte zusammen; da wurden ihm von den Rednern Vorschläge gemacht; es wurde über Krieg' und Frieden berathschlagt, kurz, es wurde das Volk zu den öffentlichen Staats*• geschästen zugezogen. Freilich gab es nachmals Veranlassung zu vielen Unruhen und Parteiungen; denn wie leicht ist nicht das Volk zu bewegen und durch eine lebhafte Darstellung der Sache

7. Theil 1 - S. 96

1880 - Stuttgart : Heitz
96 Alte Geschichte. 1. Periode. Römer. segneten ihn wie einen Vater; nur in seiner eigenen Familie war der gute Mann nicht glücklich. Er hatte nämlich zwei Töchter, die ältere und die jüngere Tnllia. Jene war sanft und seelensgut, diese dagegen von heftiger Gemüthsart. Beide hatte er an Tar-qnin's nachgelassene Enkel, Lucius und Aruns, vermählt, und zwar hatte er den unglücklichen Gedanken, die Wildheit des Lucius durch die sanfte Tnllia mäßigen zu wollen, so wie er hoffte, daß der gutmüthige Aruns die Heftigkeit der jüngern Tullia mildern würde. Aber die so verschiedenen Temperamente vertrugen sich nicht lange. Die beiden schlechten Gemüther, Lucius und die jüngere Tullia, traten bald in ein Einverständniß: beide schafften ihre Gemahle aus dem Wege und heiratheten sich. Aber sie gingen noch weiter. Des Lucius unruhiger Geist konnte nicht erwarten, bis er durch den Tod des Königs auf den Thron stiege. Nachdem er unter der Hand den guten alten König bestmöglichst verleumdet hatte, ohne daß das Volk jedoch sich gegen denselben erklärte, beschloß er, ihn mit Gewalt vom Throne zu stürzen. Er begab sich eines Tages) mit den königlichen Abzeichen angethan, in die Senatsversammluug und setzte, sich auf den Stuhl des Servius. Alle Senatoren wunderten sich und glaubten schon, der alte Mann sei todt. Noch größer aber wurde ihr Erstaunen, als die Thüre sich noch einmal öffnete und Servius selbst eintrat. Mit Verwunderung und Unwillen sah er seinen unwürdigen Schwiegersohn auf dem Königsstuhle sitzen und rief: „Was soll das sein, Tarqnin? Wie kannst du dich erkühnen, bei meinem Leben meinen Stuhl einzunehmen?" — Trotzig antwortete Tarquin: „Ich sitze auf meines Großvaters Stuhl, und der Thron gebührt mir mehr, als dem Sohne einer Sklavin." Nach diesen Worten eilte der Greis auf ihn zu, ergriff ihn beim Mantel und versuchte, ihn vom Throne zu reißen. Aber der jüngere Mann war stärker; er umfaßte den Greis, trug ihn durch den Saal und stürzte ihn mit aus denen die Bürgerschaft Roms zusammengesetzt war, wurden zunächst in die drei Tribus der Ramnenses (Latiner), Titienses (Sabiner) und Luceres (Etrusker) getheilt; sie allein hatten staatliche Rechte. Erst allmälig bildete sich der Stand der Plebejer, aus freien Bürgern, welche aus den benachbarten Städten nach Rom übersiedelten. Sie waren aber nur persönlich frei, ohne politische Rechte. Erst Servius Tullius nahm die Plebejer in die Staatsgemeinschaft auf. Noch wichtiger aber war es, daß er das ganze Volk, abgesehen von allen Standesunterschieden, nach dem Vermögen (Census) abtheilte, und zwar in sechs Classen, von welchen wieder jede einzelne in Centurien zerfiel.

8. Theil 1 - S. 100

1880 - Stuttgart : Heitz
100 Alte Geschichte. 1. Periode. Römer. hatte, in ihr Herz und sank ihrem erschrockenen Manne in die Arme. Alle schrieen auf, Brutus aber zog den blutigen Stahl aus der Brust, schwang ihn hoch und rief: „Bei diesem reinen Blute und bei euch, ihr Götter des Himmels, schwöre ich, daß ich mit blutiger Rache dich, Tyrann, und dein ganzes lasterhaftes Geschlecht verfolgen und nicht dulden will, .daß einer von euch ferner über Rom herrschte!" — Alle schwuren ihm nach. Dann rief Brutus das Volk jener Stadt auf dem Marktplatz zusammen. Wie erstaunte das, als es den Brutus mit einem Male vernünftig sprechen hörte! Er erklärte die Ursache seiner Verstellung, erzählte die Schandthat des Königssohnes und den traurigen Selbstmord der tugendhaften Lucretia, schilderte ihm die tiefe Trauer ihres alten Vaters und ihres Gemahles, und erinnerte endlich an die Nichtswürdigkeiten und die Tyrannei des Königs. Dann zogen alle nach Rom. Brutus versammelte auch hier das Volk, erzählte das Vorgefallene und rief endlich: „Und einen solchen Mann wollet ihr noch für euem König erkennen? Sein verruchtes Haus sollte noch über euch herrschen?" — „Nun und nimmermehr!" schrien Alle wie aus Einem Munde; „fort mit dem Tyrannen und seinem ganzen Geschlechte!" —So wollten die Verschworenen das Volk. Während sie mit einem großen Volkshaufen nach dem Lager aufbrachen, um auch das Heer zu gewinnen, eilte Tarquin, der von dem Tumulte gehörte hatte, auf einem andern Wege nach Rom. Aber er fand die Thore schon geschlossen, und von den Mauern riefen die Bürger hinunter: „Du bist unser König ge- wesen, Tarquin! Suche dir ein anderes Reich!" Er wollte ins , Lager zurück, auch da empfing ihn laute Empörung. So blieb ihm denn nichts Anderes übrig, als in einem benachbarten Staate eine Zuflucht zu suchen, und Rom ward frei von seiner Tyrannei, 510. Sein Sohn Sextus wurde bald darauf von den Einwohnern der Stadt, in die er sich geflüchtet hatte, ermordet. Es ist kein Wunder, daß die Römer einen Abscheu gegen solche Fürsten bekommen hatten. Sie beschlossen daher, die Königswürde für immer abzuschaffen. Statt dessen wurden alle Jahre zwei Eonsnln aus den Patriciern vom Volke gewählt. Daß Brutus und Collatin zu den Eonsuln des ersten Jahres gewählt wurden, war sehr natürlich; doch trat der Letztere bald wieder aus dem Amte zurück, denn sein Name Tarquinins Eolla-tiuus erregte Anstoß. Er verließ Rom; an seine Stelle trat Publius Valerius.

9. Theil 1 - S. 160

1880 - Stuttgart : Heitz
160 Alte Geschichte. 2. Periode. Römer. thänigen Schutzbefohlenen, d.h. aus Patriciern und Clienten. Erst allmälig bildete sich der dritte Stand — der Plebejer, aus freien Bürgern, die von benachbarten Städten freiwillig oder durch Eroberung gezwungen, nach Rom übersiedelten und Anfangs nicht den geringsten Antheil an der Staatsverwaltung hatten. Die Patricier allein konnten obrigkeitliche Würden bekleiden. Wenn es Krieg gab — und Rom hatte dessen immer — so mußten die Plebejer mit in den Krieg ziehen, während ihre Aecker unbebaut liegen blieben. Kamen sie endlich nach Hanse, fo blieb ihnen nichts Anderes übrig, als von den Reichen zu borgen. Diese drückten sie oft sehr hart, forderten schmähliche Zinsen, und so sanken die armen Leute in immer tieferes Elend. Denn in Rom waren damals äußerst drückende Gesetze in Betreff der Schuldner. Wer seinen Gläubiger nicht bezahlen konnte, verfiel ihm mit Freiheit und Habe. Der Gläubiger hatte das Recht, ihn als seinen Schuldknecht in hartem Gewahrsam zu halten, ihm Alles zu nehmen und ihn dann noch als Sklaven in die Fremde zu verkaufen. Lange hatten die Gedrückten ausgehalten; endlich fingen sie an zu murren und weigerten sich, in den Krieg zu ziehen. Doch hätten sie sich vielleicht noch beruhigen lassen, hätte nicht ein Vorfall die Gemüther noch mehr erhitzt. Ein hochbejahrter Mann kam jammernd auf den Markt gelaufen; sein Kleid war mit Schmutz bedeckt, zerlumpt und deckte kaum den von gräßlicher Magerkeit entstellten Körper; sein langer Bart und sein struppiges Haar machten sein Aussehen noch wilder. Man sammelte sich um ihn und erkannte in ihm einen ehemaligen Kriegsanführer, der sich durch viele rühmliche Thaten hervorgethan hatte. Von allen Seiten fragte man ihn, wie er in diese Lage gekommen sei. „Im letzten Kriege," sprach er, indem er seine ehrenvollen Narben sehen ließ, „haben mir die Feinde mein Feld verwüstet, die Ernte zerstört, meinen Hof verbrannt, mein Vieh, Alles, Alles geraubt; dennoch sollte ich die Steuern bezahlen. In meiner Verzweiflung mußte ich Schulden machen, und da ich diese so wenig wie die Zinsen bezahlen konnte, so wurde die Schuld endlich so groß, daß ich mein väterliches, dann mein großväterliches Erbtheil, zuletzt mein eigenes Hab' und Gut hingeben mußte. Aber damit waren die Gläubiger noch nicht zufrieden; sie schleppten mich in die Knechtschaft und legten mich in Ketten. Von da bin ich eben entsprungen; seht nur meinen zerfetzten, noch blutigen Rücken!" Darüber entstand ein großer Lärm, der aber noch tobender wurde, als überall aus ihren Banden los-

10. Theil 1 - S. 161

1880 - Stuttgart : Heitz
Streit der Patricier und Plebejer. 161 gemachte Schuldner herbeigestürzt kamen und die Grausamkeit der Gläubiger bestätigten. „Das ist also der Lohn für unsere Kriegsdienste?" rief das aufgebrachte Volk und verlangte tobend, daß sich der Senat versammelte. Dies geschah; aber die Senatoren konnten sich nicht einigen, und während einige riethen, nachzugeben, andere aber Gewalt anwenden wollten, wurde der Schrecken durch die Nachricht, daß mächtige Feinde anrückten, noch vermehrt. Was war zu thun? Das Volk weigerte sich, wieder die Waffen zu ergreifen. Da trat Consnl Servilius auf: „Es soll euch geholfen werden; aber jetzt ist der Feind vor dem Thore; erst müßt ihr den bekämpfen." Die Plebejer folgten, zogen dem Feinde willig entgegen, schlugen ihn zurück und verlangten nun Abhülfe. Aber jetzt machten die Patricier wieder Ausflüchte und suchten die Plebejer hinzuhalten. Die Gährung wurde immer größer; die Gemeinen hielten nächtliche Zusammenkünfte, in denen Pläne zum Aufruhr entworfen wurden. Darüber verging ein ganzes Jahr. Jetzt waren aufs neue Feinde im Anmarsch. Dies Mal verweigerte das Volk entschieden die Anwerbung. In dieser Noth ernannte der Senat einen Dictator, d. i. einen Befehlshaber, dem man sechs Monate lang gehorchen mußte, und vor dem selbst die Con-snln zurücktraten. Der Mann, der dazu gewählt war, Valerius, war als mild und gerecht bekannt, und daher leistete ihm das Volk Gehorsam, besonders da er aufs neue Abhülfe zusagte. Nachdem die Feinde besiegt waren, zeigte auch Valerius guten Willen; er machte beim Senat den Antrag, den Klagen des Volkes abzuhelfen, und da der Senat nicht darauf hörte, legte er seine Dictatur nieder. Nun war die Geduld der Plebejer erschöpft, Sie zogen (494) zur Stadt hinaus, drei Stunden weit, bis auf den sogenannten heiligen Berg. Da schlugen sie eine Art von Lager auf und dachten: „Nun mögen die Patricier sehen, ob sie allein fertig werden können." In Rom war indessen unter den Reicheren große Bestürzung. Solchen Ernst hatte man von den sonst so demüthigen Plebejern nicht erwartet, und man fürchtete, sie möchten nie wiederkehren oder gar ihrer Vaterstadt feindlich begegnen. Nach vielen Berath-schlagnngen schickte der Senat endlich eine Gesandtschaft hinaus: „Kommt wieder nach Rom! Es soll besser werden, glaubt unserm Worte." — „O geht uns mit euerm Worte," erwiederte einer der Volksführer; „wie oft habt ihr uns das nicht schon gebrochen!" — Die Gesandtschaft mußte unverrichteter Sache wieder zurück, und Weltgeschichte für Töchter. L 16. Aufl. H
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